Der Personalmarkt befindet sich aktuell in einem grundlegenden Wandel. Verschiedene Entwicklungen bescheren uns einen bisher nicht gekannten Fachkräftemangel. Gleichzeitig sorgt der digitale Wandel für stark veränderte Jobanforderungen auf allen Ebenen. Die daraus entstehenden Anforderungsprofile erfordern sowohl sehr ausdifferenzierte Hard- und Softskills als auch neue Methodenkenntnisse. Das macht das Screenen und Beurteilen potenzieller Kandidaten immer schwieriger. Diese Entwicklungen zwingen Unternehmen vermehrt zu einem radikalen Umdenken im Recruiting.
Diesen Paradigmenwechsel können Unternehmen nur durch „besseres“ Active Sourcing meistern. Die Aktivsuche und die Direktansprache von möglichen Kandidaten sind sehr aufwendig, da Active Sourcing viele manuelle Schritte umfasst – vom Erstellen des Anforderungsprofils über die Kandidatensuche und die Kontaktaufnahme bis zum Einpflegen der Bewerberdaten. Die manuelle Datenverarbeitung birgt zusätzlich ein hohes Fehlerpotenzial und erlaubt kaum ein strukturiertes Controlling der Recruiting-Kanäle. Ein innovativer Lösungsansatz ist Robot-Recruiting mittels Robotic Process Automation (RPA).
Das aktuelle Six Sigma Qualitätslevel im Recruiting
Verglichen mit dem Six Sigma Qualitätslevel der Industrieproduktion bewegt sich das Recruiting aktuell in Deutschland auf dem Sigma-Level drei, was einer Fehlerquote von 6,7 Prozent entspricht. Angesichts des aktuellen Fachkräftemangels kann es sich aber kein Unternehmen leisten, auch nur einen Kandidaten wegen der falschen Einschätzung und Bewertung seiner Daten abzulehnen. Eine Erhöhung des Sigma Levels auf 4, bei dem der Fehlerquotient auf 0,62 % sinken würde, muss daher das erklärte Ziel sein. Solange Menschen im Recruiting-Prozess Daten manuell erheben und auswerten, ist daran aber nicht zu denken. Die Automatisierung von Active Sourcing-Prozessen ist daher unumgänglich. Auch wirtschaftlich macht die Automatisierung Sinn. Vor allem im Mittelsegment – also zwischen 60.000 und 150.000 Euro Bruttogehalt – kann aktuell kein Anbieter manuell wirklich seriös arbeiten, denn bei einem Honorar von 20 bis 30 Prozent des Bruttolohns rechnet sich der Aufwand meistens nicht.
Ein Active Sourcer muss 100 Kandidaten für eine Stelle anschreiben
Schlussendlich spielt auch der Faktor Zeit auch eine gewichtige Rolle. Wenn ein Active Sourcer das Netz durchsucht und jemanden gefunden hat, der grob zum Suchprofil passt, dann schreibt er ihn an. Schon die Chancen, dass er ein Feedback bekommt, stehen bei nur ca. 50%. Als Faustregel gilt: Für die Besetzung einer Stelle muss ein Recruiter mindestens 100 Kandidaten anschreiben und je nach Anforderungsprofil können es auch schnell mal 500 Kandidaten sein. Und selbst wenn er eine Antwort erhält, kann diese ganz unterschiedlich ausfallen, wie zum Beispiel „Vielen Dank, aber aktuell nicht“ oder „Ja danke, aber nicht in München“. Zudem hat ein Recruiter normalerweise nicht nur eine Stelle zu besetzen, sodass er verschiedene Profile verwalten und unterschiedliche Nachrichten versenden muss. Zusätzlich müssen die Daten auch gescreent und die Daten händisch in das Bewerbermanagement-System übertragen werden, wenn ein Kandidat in Frage kommt.
Ein Active Sourcer schafft 10 Stellenbesetzungen pro Jahr
Erfahrungsgemäß schafft ein Active Sourcer wegen des hohen Aufwands üblicherweise maximal 10 Stellenbesetzungen pro Jahr. Um dies bei den üblichen Konversionsraten zu erreichen, muss er mindestens 1.000 Kandidaten kontaktieren. Einige große Unternehmen besetzen pro Jahr durchaus 2.000 Stellen. Um ein solches Volumen zu bewältigen, wären bereits 200 Active Sourcer notwendig. Die Kosten belaufen sich schnell bei 12 Mio. Euro, wenn man bedenkt, dass ein Active Sourcer mit Nebenkosten und Software-Lizenzen rund 60.000 Euro im Jahr kostet. Ein Software-Roboter, der das Active Sourcing automatisiert in einem Bruchteil der Zeit erledigt, kostet gerade einmal ein Drittel des Geldes.
Automatisierung von Active Sourcing-Prozessen mit RPA
Wenn der Active Sourcing Prozess mittels Robotic Process Automation automatisiert wurde, muss der Recruiter vorab nur das Anforderungsprofil definieren, nach dem der Software-Roboter die verschiedenen Kanäle durchsuchen soll. Danach definiert der Active Sourcer den Suchalgorithmus, nach dem der Recruiting-Roboter anschließend verschiedene Datenquellen (z.B. Lebenslauf-Datenbanken, Soziale Medien, Business-Netzwerke und Fach-Communities) nach passenden Talenten durchsuchen soll – zeitgleich und nicht nacheinander. Große Datenbanken mit speziellen Berufsbildern nach DIN- und ISO-Normen oder Zertifikaten helfen dem Recruiter dabei, die Suchbegriffe zu finden, mit denen Mitarbeiter mit besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten gefunden werden.
RPA-Einführungsvideo
Benefits von RPA
Kostensenkung
Qualitätssteigerung
Mitarbeiterentlastung
Robot-Recruiting im Dialog- und Bewerbungsmanagement
Ein Recruiting-Roboter kann aber nicht nur die Suche nach geeigneten Kandidaten übernehmen, sondern darüber hinaus auch den Erstkontakt einschließlich entsprechender Folgedialoge oder Reminder mit den Kandidaten. Das Dialogmanagement basiert dabei auf einem Baukastensystem mit passenden Texten und Antworten für jede Phase sowie für verschiedene Rückmeldungen und Antworten der Kandidaten. Der Recruiting-Roboter wertet die Reaktionen der Kandidaten aus und kategorisiert diese, um den Folgedialog sowohl individuell gestalten und als auch automatisiert durchführen zu können.
Aus den Bewerbungsunterlagen kann der digitale Recruiter die Hard- und Softskills, Weiterbildungen, den Ausbildungsverlauf und die Fachkenntnisse des Kandidaten herausfiltern und automatisch in das Bewerbermanagement-System übertragen. Auch fehlende Angaben und Unterlagen können automatisch abgefragt oder nachgefordert werden und müssen kein K.O.- Kriterium mehr sein, nur weil der Nachrechercheaufwand zu groß wäre. Alle gewonnenen Profildaten überträgt der Recruiting-Roboter anschließend vollkommen fehlerfrei in das Bewerbermanagementsystem.
Im Rahmen des Kandidaten-Screenings kann der Recruiting-Roboter anschließend das Bewerberprofil mit dem Anforderungsprofil abgleichen. Beispielsweise kann er 5 bis 10 vorher definierte Schlüsselbegriffe markieren, die für die ausgeschriebene Stelle besonders wichtig sind und anhand einer Bewertungsmaske auszählen, mit Vorgaben abgleichen und bewerten.
Vielfältige Recherche-, Analyse- und Analysemöglichkeiten
Aber ein Recruiting-Roboter kann noch mehr: Er kann z.B. ein Kandidaten-Ranking erstellen, indem er die Bewerberprofile miteinander vergleicht oder die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Notendurchschnitte aller deutschen Universitäten recherchieren und anschließend mit definierten Vorgaben vergleichen (z.B. die Noten müssen für eine weitere Berücksichtigung im oberen 10-Prozent-Bereich liegen). Dadurch kann man eine hinreichend aussagekräftige Bewertung der Kandidaten bei geringem Arbeitsaufwand erhalten. Auf einem höheren Abstraktionslevel könnte ein Software-Roboter die Eignung der Bewerber z.B. auch anhand der Studienfächer, des Renommees der Universität, der Berufserfahrung, der Aufgabenbereiche im Unternehmen oder der Marktposition des Unternehmens bewerten oder vorselektieren.
Transparenter und objektiver Bewerbungsprozess
Auch unter sozio-kulturellen Aspekten bietet die Automatisierung des Active Sourcing Prozesses handfeste Vorteile, denn wenn ein Recruiting-Roboter das Screening übernimmt, wird die Chancengleichheit absolut gewahrt. Denn ein Software-Roboter kennt keine Vorlieben oder Vorurteile und lässt sich nicht durch Hautfarbe, Ethnie oder Geschlecht beeinflussen. Durch dieses objektive Verfahren wird ein Kandidat nur aufgrund seiner Qualifikationen ausgewählt und vermieden, dass ein hochqualifizierter Bewerber möglicherweise wegen unbewusster Vorbehalte „aussortiert“ wird.
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Fazit
Die Automobilindustrie zeigt, wie hoch die Wertschöpfung von Mitarbeitern sein kann, wenn repetitive Aufgaben Robotern überlassen werden und dass dadurch zugleich ein extrem hoher Qualitätslevel (Stichwort: Six Sigma) erreicht werden kann. Kein Unternehmen kann es sich auf Dauer leisten, Fachkräfte durch einen umständlichen Recruiting-Prozess zu „vergraulen“. Dennoch geht nicht darum, den Menschen aus dem gesamten Prozess auszuschließen und die Einstellungsentscheidung einem Recruiting-Roboter zu überlassen. Vielmehr es geht darum, Robot-Recruiting für die HR-Aufgaben einzusetzen, die repetitiv, regelbasiert, fehleranfällig, saisonal und zeitkritisch sind, um die Bearbeitungskosten reduzieren und die Prozessqualität auf ein höheres Six-Sigma-Level heben.